Der Sommer 2020 im Wiener Aufzug Museum
Ob Paternoster-Restaurieren, Fotoshooting, POP-UP-Ausstellung oder Tag der offenen Aufzugstüre – langweilig wurde uns diesen Sommer nicht. Wohl einer der Gründe, warum das Schreiben nicht hinterher kam.
Nichtsdestotrotz, oder gerade deshalb, möchte ich euch jetzt berichten, was sich bei uns so alles getan hat.
Juni — POP-UP-Fotostudio im Aufzug
Gleich zu Beginn des Sommers ging es mit einer ganz außergewöhnlichen Idee an den Start.
Gemeinsam mit meinem besten Freund Christian Prinz sollte etwas Kreatives entstehen, das unsere beiden Expertisen vereint. Christian fotografiert und ich mache besten Kaffee. Die Idee war einfach und genial zugleich: Aufzugskabinen sind nicht nur ein Ort, um gemütlich Kaffee zu trinken, sondern auch ein toller Rahmen für Porträtfotos.
Somit war das POP-UP-Fotostudio kreiert. Besucherinnen und Besucher konnten vorbeikommen und bekamen von der bewährten Aufzugs-Bar Kaffee serviert, während Chris mit seiner Studioausrüstung professionelle Fotos anfertigte. Die gelungenen Porträts gab es für jede*n digital mit nach Hause.
Christian Prinz ist seit 2018 im Bereich Videoproduktion und Fotografie selbstständig und unterstützt mich seit jeher mit seinem Know-How. Vielleicht ja auch dich! www.littleprinz.at
Juli — Ein Aufzug im Schaufenster
Ende Juli startete gleich unser nächstes Projekt im künstlerischen Metier.
Über eine gute Freundin bekam ich den Draht zu Lena, die einen kleinen Ausstellungsraum im 3. Bezirk bespielt. Der „White Dwarf“ macht seinem Namen alle Ehre, denn er misst gerade einmal 6 Quadratmeter. Gerade genug Platz für eine Aufzugskabine.
Eine große Auslagenscheibe öffnet den Raum zudem zur Straße hin und macht ihn daher zum idealen Instrument der uneingeschränkten Kulturvermittlung in Zeiten aller Beschränkungen.
Einfach vorbeispazieren und Aufzugsgeschichte erleben.
Diese Idee gefiel – und so war es besiegelt: Einen Monat lang sollte unter dem Sternzeichen Krebs das Wiener Aufzugmuseum im White Dwarf ausstellen. Dazu entstand der erste Katalog unserer Sammlung.
Am 26. Juni 2020 war Tag der Vernissage, an dem Besucherinnen und Besucher die Kabine auch hautnah erleben und auf Notizzetteln ihre persönliche Aufzugsgeschichte hinterlassen durften. Bis 26. Juli war daraufhin die Ausstellung durchs Schaufenster zu sehen.
Juli / August — Paternoster-Restaurierung
Wie ihr ja wisst, durften wir ja wieder einen Paternoster in der ehemaligen Direktion der Wiener E- Werke retten > Hier gehts zum Beitrag vom gesamten Paternoster Projekt
Sechs ganze Kabinen sowie zwei komplette Einstiegsportale aus zwei Etagen sind da zusammengekommen. Allerdings durch verschiedenste Umbauten der Vergangenheit teilweise stark malträtiert. So wurden 1978 alle Holzoberflächen neu mit Sperrholzplatten verkleidet. Verzierungen der 1914 errichteten Paternoster Anlage wurden teils brutal entfernt.
Eine Herausforderung. Denn unser ehrgeiziges Ziel war, eine komplette Einstiegsstelle im Originalzustand zu rekonstruieren.
Glücklicherweise bietet der noch in Betrieb stehende Paternoster im Wiener Rathaus ein Vorbild dafür, wie auch unser Paternoster einst ausgesehen hat.
Unter Verwendung der Originalteile konnte so aus zwei demolierten Portalen wieder ein originales entstehen. Und das Schönste daran: Alles wurde sogar rechtzeitig zum Tag der offenen Aufzugstür Mitte August fertig.
15. August — Tag der offenen Aufzugstür
Trotz der dieses Jahr herrschenden Auflagen für Veranstaltungen wollten wir es uns nicht nehmen lassen: Es sollte für Interessierte wieder die Möglichkeit geben, uns zu besuchen.
Diesmal wurde der Ablauf unserer Veranstaltung im Sinne einer besseren Lenkung der Besucher*innenströme geändert.
Stündliche geführte Touren durch unsere Sammlung zu je 15 Personen in einem Extra-Ausstellungsbereich sollten es sein, um ausreichend Abstand garantieren zu können. Sowie ein POP-UP-Aufzugscafé mit Fotoausstellung, um die Wartezeit zu verkürzen.
Es war ein voller Erfolg. Die Führungen waren restlos ausgebucht und alle angemeldeten Personen sind auch zuverlässig gekommen.
Überdies bewährte sich das Konzept mit den 50 Minuten dauernden Führungen. Durch die Gruppen konnten wir auf alle Gäste eingehen und lebendig die Geschichte unserer Aufzüge und des Museumsprojekts vermitteln. Und Kaffee blieb uns auch nicht viel übrig.
Wir freuen uns schon auf den nächsten Tag der offenen Aufzugstür mit euch!
August — Aufzugsprojekt Graz
Ganz unerwartet tat sich Anfang August auch ein neues Aufzugsprojekt für uns auf.
Tim aus Graz rief mich an und sagte, er hätte da einen Aufzug aus den 1930er-Jahren im Haus.
Alle meinten, für sowas interessiere sich niemand, doch er dachte sich „nachfragen kost‘ ja nix.“
Und das war ein Glück, denn was da in einer Grazer Villa schlummerte, ist ein seltenes Stück Wiener Aufzugsgeschichte! 1935 wurde der Aufzug vom Wiener Aufzugshersteller Theodor d’Ester eingebaut. Genau diese Firma war es auch, die 1932 die Aufzüge für das Hochhaus Herrengasse lieferte. Doch zum Unterschied der im Hochhaus Herrengasse bereits mehrmals sanierten Anlagen war die in Graz im gepflegten Originalzustand! Auch der Maschinenraum präsentierte sich mit den Originalmaschinen.
Wie es mit dem Projekt gelaufen ist, erzähle ich euch dann ausführlich im nächsten Beitrag.