Das Handwerk der Könige
Die Konstruktion von Aufzügen vor hundert Jahren, war beileibe keine Massenproduktion.
Viele Berufe und Spezialisten haben in mühevoller Kleinarbeit daran gearbeitet.
Eine fachgerechte Restauration braucht daher auch das Wissen um diese alten Techniken, die oft schon verschwunden sind.
Ich bin froh Hermann getroffen zu haben, der das Drechseln schon von seinem Vater gelernt hat.
Schon vor 3500 Jahren wurde das Drechseln bereits praktiziert.
Und auch bei den über hundert Jahre alten, formschöne Aufzugskabinen aus Holz fand es Verwendung.
Die Beine der Sitzbänke in den Kabinen wurden gedreht, genauso wie die Dachverzierungen.
Projekt: Aufzugssitzbank
Da ich für eine unserer Aufzugskabinen, welche im zukünftigen Aufzugscafé Platz finden wird, eine originale Sitzbank rekonstruieren möchte, brauche ich neben dem Polster und dem Gestell auch das Wissen um die Herstellung der Beine.
Diese sollen nach dem original Vorbild einer vorhandenen Sitzbank entstehen.
Darum habe ich einen Drechselkurs besucht, um selbst Einblick in diese Handwerkskunst zu bekommen.
Eine andere Welt
Ich betrete durch eine kleine Türe das Souterrain eines Wiener Gründerzeit Hauses.
Der Geruch von frischem Harz liegt in der Luft. Wo das Auge hinsieht; gedrehte Schüsseln oder Hölzer aus denen Kunstwerke entstehen sollen, sowie urig anmutende Werkzeuge und Maschinen.
Es ist die Werkstatt des Drechslers Hermann Viehhauser.
Drechseln ist das älteste Handwerk der Welt, beginnt er mir bei einer Tasse Tee zu erzählen.
Schon vor 3500 Jahren wurde durch Drehen eines Holzstückes und gleichzeitigem Bearbeiten mit Werkzeugen, Gegenstände hergestellt.
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurde mit der Hand gearbeitet. Erst die computergesteuerten CNC Maschinen unserer Tage liefen dem Menschen den Rang ab.
Derweil war es einst das edelste Handwerk, welches sogar Könige und Kaiser erlernten.
Heute jedoch ist es vom Aussterben bedroht.
Herrmann weiß wovon er spricht.
Hermanns Geschichte
Aufgewachsen in Bad Hofgastein, erlernte er von seinem Vater das Drechseln.
Die Familie führte einen eigenen Betrieb.
„In der Berufsschule waren wir Ende der 70er Jahre nur mehr fünf Drechsel-Lehrlinge in einem Jahrgang. Und das österreichweit! Es ist schade, wieviel altes Wissen dieser Handwerkskunst dadurch verloren geht.“, erzählt Hermann.
Doch den Betrieb des Vaters weiterzuführen war auch für ihn keine Option, denn er wollte reisen und die Welt kennenlernen.
Das erste Mal ging es per Autostopp durch den Balkan.
Später mit dem Fahrrad oder Motorrad quer durch Asien.
Und das Reisen ist nach wie vor eine seiner Leidenschaften.
Er zeigt mir faszinierende Landschaftsaufnahmen und Fotografien von Menschen.
Beeindruckend!
Aber sein Leben besteht nicht nur aus Reisen; er ist dem Drechseln treu geblieben.
In seiner Werkstatt fertigt er Einzelstücke und vermittelt die Drechselkunst in Kursen.
Apropos Kurs; Zeit mit der Arbeit anzufangen!
An die Drechselbank
Als erstes wurde ich mit den Eigenschaften und der Auswahl des Holzes vertraut gemacht.
Verwendet wird Buchenholz, da es sich sehr gut zum Drechseln eignet.
Aus einem ganzen Pfosten Holz werden zunächst passende Teile für die Übungstücke heruntergesägt.
Hermann machte mich daraufhin mit der Drehbank und den dazugehörigen Werkzeugen vertraut.
Und auch das richtige Einspannen des Holzes will gelernt sein.
Dann ging es los mit dem Bearbeiten!
Die erste Arbeit ist das sogenannte „Schruppen“ des Holzes.
Hierbei wird das eckige Holzstück rund gedreht.
Herman ließ mich nicht aus den Augen und hörte auch jede falsche Bewegung.
Die Drehbank auf welcher ich arbeitete, bekam er von seinem Vater zu Lehrbeginn geschenkt.
Aus dem fertigen Zylinder entsteht nun unter Anwendung verschiedenster Techniken ein Kreisel, sowie ein Übungsstück mit Rundungen und Ringen.
Die Sache ist, das alles viel einfacher aussieht aus als es ist, besonders die Rundungen!
„Bei den beiden Sitzbankbeinen werde ich dir aber helfen müssen!
Es braucht viel an Übung um zwei identische Teile herzustellen.“, sagte Hermann.
Und ich gab ihm mehr als Recht dabei.
Ich „schruppte“ den Holzrohling, danach übernahm Hermann.
Nach einem von mir erstellten Plan, wurden die Maße auf das Werkstück übertragen.
Mit einer beeindruckend schnellen Bewegung schnitt er danach das Holz in die entsprechende Form.
Anschließend bekam ich die Ehre den Feinschliff der Oberflächen vorzunehmen.
Ich war etwas nervös um nichts falsch zu machen.
Denn ich merkte ganz deutlich das Hermann mit seinem Werk sehr verbunden war.
Doch es ging alles glatt!
Und glatt ist auch genau die richtige Bezeichnung für die Oberfläche des Holzes.
Nach drei Schleifgängen war diese glatt wie der sprichwörtliche „Baby Popo“.
Nach ca. eineinhalb Stunden war das erste Bein fertig.
Das Zweite sollte daraufhin noch schneller fertig sein.
Und das Ergebnis ist wirklich toll geworden,
ich freue mich schon darauf die Sitzbank damit zu bestücken!
Und auch Ihr könnt euch darauf freuen!
Denn Ihr werdet auf dieser Bank im Café Platz nehmen dürfen.
Selbiges bot ich auch Hermann an.
„Komm doch vorbei sobald das Cafe eröffnet hat!
Bei einer Tasse Tee können wir dann übers Drechseln und die Welt weiter plaudern.“
Hermann, Danke für deine Hilfe.