Ein Aufzug auf Rezept - Alles auf Schiene - Wiener Aufzug Museum
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Ein Aufzug auf Rezept – Alles auf Schiene

 

Ganz entspannt geht es per Fahrrad von Ottakring stadteinwärts.
Heute, am Tag zwei des Aufzugprojektes, ist mein Freund Roman mit von der Partie.

Das komplette Demontieren der Aufzugsschienen und Vorbereitungen zum Zerlegen der Kabine stehen auf der To-Do-Liste.  Mit einigen Überraschungen.

 

Demontage_der_Wandacker

Demontage_der_Wandstützen

 

In Richtung Sonnenaufgang geht es zum Ort des Geschehens, wo auch das Rattern des Bauaufzuges an der Fassade bereits die Produktivität der Bauarbeiter verkündet.

Rasch schlüpfen wir im Foyer in unsere Arbeitshosen. Zum Glück sind noch keine Hausparteien unterwegs. Es fühlte sich bereits ein wenig so an, als würde ich mich daheim umziehen.

Dann ging es aber auch schon wieder an die Arbeit. Der Arbeitsfluss des Vortages stellte sich bald ein und Schiene für Schiene verlies zum ersten Mal nach über hundert Jahren das Stiegenhaus.

 

Mit_vereinten_Kräften_wird_eine_Führungsschine_transportiert

Mit_vereinten_Kräften_wird_eine_Führungsschine_geborgen

 

Da das Gewicht dieser Führungsschienen, bei welchen die tragenden Teile aus eisernen C-Profilen, und die Führungsbahnen der Kabine aus Holz bestehen, ein hohen Maß an Kraft benötigte, war auch bald noch ein dritter Helfer zur Stelle.
David ist ebenfalls ein treues Teammitglied.

 

Roman_(li),_David_(re) und ich_beim_demontieren_der_Schinen

Roman_(li),_David_(re) und ich_beim_Arbeiten_im_Schacht

 

Gemeinsam machte es richtig Spaß und es boten sich einige Momente an denen auch die Kamera zum Einsatz kam.

Für den Nachmittag sollte es dann etwas kniffliger werden. Das Zerlegen der Kabine war nun als nächster Arbeitsschritt an der Reihe.

Als erstes nahm ich mir den Boden vor und untersuchte ihn sorgfältig nach versteckten Schrauben.
Da dies eine Kabine eines Herstellers war, mit welchem ich bis dahin keine Erfahrungen hatte, galt größte Vorsicht.
Nur eine einzige versteckte Schraubverbindung könnte die Arbeiten erheblich verzögern und zu Schäden führen.

 

Ein_Blick_in_den_Schacht

Ein_Blick_in_den_Schacht

 

Dabei fiel mir etwas auf!
Am Boden des Schachtes entdeckte ich im angesammelten Dreck zwei kleine Umlenkrollen.
Ein kleines Türchen, rechts vom Parterre Liftzugang, manifestierte es schließlich.
Es handelte sich bei diesem Aufzug im Originalen um einen handgesteuerten Lift.

 


Als Handgesteuert gilt die Bezeichnung, wenn ein Aufzugsführer für das Ingangsetzen benötigt wurde.
Im Wohnhaus übernahm diese Aufgabe der Portier. Er fuhr aber nicht selbst in der Kabine mit.
Über ein Steuerseil, gleich bei der Kabinentüre, stellte er nach dem Eintreten des Fahrgastes das gewünschte Stockwerk ein.
Nach dem Schließen der Türen positionierte er sich dann an dem kleinen Türchen, um über ein zweites Seil die elektrische Maschine ingangzusetzen


 

Das_Türchen_durch_welches_der_Aufzugswärter_steuerte

Das_Türchen_durch_welches_der_Aufzugswärter_steuerte

 

Nach der Arbeit auf engstem Raum ging es wieder auf das Dach der Kabine. Nun konnte Sie wieder in der Schachtgrube abgestellt und mit der Demontage des Joches begonnen werden. Unter teils Zentimeter dicken Schmierfett lagen hier die Schrauben verborgen. Und gut festgezogen waren sie obendrein.

Das Joch konnte nun abgehoben werden und das eigentliche Zerlegen der Holzteile sollte beginnen.
Das Schlüsselelement ist hier zumeist der Dachaufsatz. Er fixiert die seitlichen Wände mittels Holzdübeln. So hatte ich es mir zumindest gedacht…

 

Das_Joch_der_Aufzugkabine_wird_abgehoben

Das_Joch_der_Aufzugkabine_wird_abgehoben

 

Doch die Konstrukteure der Vergangenheit sollten uns eines Besseren belehren.
Trotz Einsatzes der Seilwinde konnten wir den Aufsatz einfach nicht abheben.
Die Angst etwas zu beschädigen lies uns immer wieder von neuem starten.

 

Schließlich konnten wir die Kuppel mit Müh und Not einen halben Zentimeter anheben und sahen, das dort nicht nur Holzdübel waren. Auch Eisenstäbe waren sichtbar.
Das bedeutete, das Kabinendach war noch zusätzlich mit langen Schrauben fixiert.

Nun galt es die obere Abdeckplatte, welche 1956 bei der Modernisierung montiert wurde, zu entfernen. Und siehe da, da waren auch schon vier Stück Schraubenköpfe zu sehen.
Nach dem Lösen dieser vier Schrauben ging dann alles quasi wie von selbst.

 

Alles war also bereit für den dritten Tag.
Die Zeit hatten wir allerdings beim konzentrierten Arbeiten aus den Augen verloren.
Auf der Baustelle war bereits Arbeitsschluss und die Arbeiter saßen in der ehem. Portierwohnung schon bei einem Bier.

 

Der Polier kam vorbei und klopfte uns auf die Schultern:

 

Kommts auf ein Bier zu uns rein. Das habt Ihr euch verdient!

 

Dieses Angebot nahmen wir dankend in Anspruch.
Für heute war genug geschehen.

 

Morgen am letzten Tag wird dann die Kabine das Haus verlassen.

Ich hoffe Ihr schaut auch wieder vorbei!