Ein Aufzug wird enthüllt - Wiener Aufzug Museum
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Ein Aufzug wird enthüllt

Der Besuch eines Kunden führte mich in ein unscheinbares Wiener Wohnhaus.
Hinter einer Mauer versteckt schlummert hier ein Aufzug.
Alles weißt auf eine Anlage der dreißiger Jahre hin.
Grund genug, um uns für einen Abbau dieses Aufzuges zu entscheiden.
Was wir nun ein halbes Jahr später freilegten verblüffte sogar uns.

 

Der_erste_Blick

Der_erste_Blick

 

Vor einem halben Jahr erst betrat ich dieses Haus welches von außen unscheinbarer nicht sein konnte. 
1838 erbaut zählt es zu den ältesten Gebäuden des 3. Wiener Gemeinde Bezirkes. 
Schmucklos und schon fast etwas trist präsentierte sich das Stiegenhaus.
Doch im ersten Stockwerk angelangt, zieht ein vergittertes Stiegenhausfenster meine Aufmerksamkeit auf sich.

 

Blick_durch_das _Stiegenhausfenster

Blick_durch_das _Stiegenhausfenster

 

Und warum befand sich im Dritten Stock bereits der Triebwerksraum?



Ich kam mit einem Mieter des Hauses ins Gespräch und erfuhr, das es sich bei dem Aufzug um einen speziellen Personenaufzug handelt.
Er wurde nachträglich zugebaut und führt nur vom Parterre in die zweite Etage wo die damaligen Hausherren residierten.
Diese haben Ihn ausschließlich für eine persönliche Nutzung errichten lassen.

 

Aber seit er hier geboren wurde vor 71 Jahren, kann er sich nicht erinnern ihn in Betrieb gesehen zu haben. Vor einigen Jahren wurden dann die Türen zugemauert.

 

Auf mein Interesse hin bekam ich den Kontakt zur Hausverwaltung mitgeteilt um mich näher informieren zu können.

 

Und was soll ich euch erzählen.
Nach einigen E-Mails und Telefonaten stehen wir nun hier im Stiegenhaus, bereit Licht ins Dunkel dieses Aufzuges zu bringen und ihn anschließend für unsere Sammlung zu demontieren.

 

Im_Schacht

Im_Schacht

 

Denn das Paradoxe war, wir konnten die Kabine bis vor wenigen Tagen nicht wirklich besichtigen.
Eine Wand musste zuerst entfernt werden um uns den Zugang zu ermöglichen.
Das Sprichwort sich um die Katze im Sack „gekauft“zu haben trifft hier also wirklich zu.

 

Die Enthüllung

 

Es war soweit.
Franz, Ragner und ich waren bereit das Geheimnis des versteckten Aufzuges zu lüften.
Mit zwei Sägen und ordentlich Motivation ausgestattet machten wir uns daran die ersten Teile der Wand zu entfernen. 
Eine kleine Öffnung macht den Anfang und gab erste interessante Blicke frei.

 

Die_ersten_neugierigen_Blicke

Die_ersten_neugierigen_Blicke

 

Stück um Stück wie eine Puzzle wurde mehr und mehr vom Portal und der dahinter befindlichen Kabine sichtbar.

 

Das_Portal_lüftet_sich

Das_Portal_lüftet_sich

 

Kurz blieb mein Herz stehen, als ich flecken auf der Kabine sah, welche auf einen Holzwurm Befall hinwiesen könnten. 
Doch zum Glück, es waren nur Farbspritzer, welche beim einstigen Lackieren der Gittertore entstanden sein dürften.

 

Der_langersehnte_Zugang_in_die_Kabine

Der_langersehnte_Zugang_in_die_Kabine

 

Bald darauf war auch das Eisengerüst der Wand entfernt und die Schachttüre wurde geöffnet. Der Blick ins Innere ließ uns aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. 

 

Ein Steuertablou mit elektrischen Drucktasten wie wir es noch nie zuvor gesehen hatten. Vom der Vermutung, das es sich um einen Lift der Firma Wertheim handelt, kamen wir schließlich ab als wir ein Herstellerschild entdeckten.

 

Ing. Stephan Sowitsch Aufzüge – Fabrik Wien war in eine Messingplatte eingraviert zu lesen.
Das darf nicht wahr sein! 
Ein echter Sowitsch der ersten Generation!

 

Firmenschild_in_der_Kabine

Firmenschild_in_der_Kabine

 


Stephan Sowitsch der Firmengründer machte sich 1914 im Aufzugsgewerbe selbstständig und war auf Lasten und Personenaufzüge spezialisiert.
Ab 1918 fertigte er in Lizenz für die Schweizerische Waggon- und Aufzüge Fabrik Schlieren (kurz SWS) , bis diese 1947 die Zusammenarbeit aufkündigten.  

 

Doch das konnte das aufstrebende Unternehmen nicht aufhalten.
Sowitsch wurde in den 50er Jahren zum Branchenleader in Österreich.
Die Aufzüge für den Wiener Donauturm gehörten zu einem seiner Prestigeprojekte.

 

Die Firma expandierte in den 60er Jahren und übernahm den Aufzugbauer Th. d. Ester Wien. 
1970 fusionierte Sowitsch schließlich mit dem finnischen Aufzughersteller Kone zur Kone-Sowitsch Aktiengesellschaft.
2000 verschwand dann der Name Sowitsch aus dem Firmennamen.

 

Zuletzt war die Firma in der Wiesberggasse 14-18 im 16. Bezirk beheimatet.
Das Gebäude besteht bis heute und ist mit dem ehem. Aufzug Prüfturm gut erkennbar.


 

Wir befanden uns also gerade in einem echten Sowitsch Aufzug!
Kaum zu glauben so etwas noch in Wien zu finden.
Doch die Kabine gab uns auch einige Rätsel auf.
So wies die Konstruktion eindeutig auf eine Wertheim Kabine hin die hier verbaut wurde.
Nachträglich verschlossene Öffnungen in Decke und Fussboden welche Steuerseilen gedient hatten, bewiesen unsere Annahme.

 

Ragner_und_Franz_staunen

Ragner_und_Franz_staunen

 

Der Blick in den Triebwerksraum setzte das Staunen fort.
Es präsentierte sich uns modernste Aufzugstechnik der Zwischenkriegszeit.
Und das in sehr gutem Erhaltungszustand!

 

Die_Antriebsmaschine_wird_untersucht

Die_Antriebsmaschine_wird_untersucht

 

Das Seil der Kabine wurde hier nicht mehr, wie bis dahin üblich auf eine Seiltrommel auf- und wieder abgewickelt, sondern über eine Treibscheibe nur umgelenkt.
Durch die Erfindung dieser Treibscheibe wurden moderne Hochhäuser erst ermöglicht.

 

Ein Gedanke kam uns in den Kopf. 
Ob sich dieser Aufzug nochmal in Betrieb setzen lässt?
Die Komponenten währen alle vorhanden. 
Einzig der Gleichstrom, welcher zum Betreiben notwendig ist, fehlt.


Wir gehen also daran uns mit dieser Problemstellung auseinanderzusetzen.
Und zwar mit erfolgsversprechenden Chancen!

 

Was dabei herauskommt werdet ihr bald hier lesen können.

LG

Christian 

 

Anbei ein Dankeschön an Jan Dumno vom Elevatormuseum welcher uns bei der Recherche über die Firma Schlieren sehr geholfen hat.