Über den Dächern Wiens - Wiener Aufzug Museum
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Über den Dächern Wiens

Es erinnerte mich an die Sonnenfinsternis 1999.
Passanten blieben stehen und blickten zum Himmel empor.
Doch diesmal war es kein Naturschauspiel, sondern eine Liftkabine am Haken!

 

Der_fliegende_Aufzug

Der_fliegende_Aufzug

 

 

Das Jahr 2018 fängt ja gleich einmal gut an.
Genau das ging mir durch den Kopf als ich das Haus in der Stadiongasse in Wien Innere Stadt verließ.
Eine halbe Stunde zuvor erhielt ich einen Anruf vom Baustellenleiter.

Wir haben da eine schöne Kabine stehen. Haben Sie Interesse?

Wie der Zufall es wollte war ich gerade beruflich in der Nähe.
Und wie immer, wenn es gilt einen Aufzug zu retten, bin ich auch gleich zur Stelle.

Ich kannte das Haus  sehr gut!
Vor zwei Jahren war ich mit der Hausverwaltung in Kontakt.
Damals hieß es, das der Aufzug stilsaniert wird.
Nun leider doch nicht.

 

Originalzustand_im_Stiegenhaus

Originalzustand_im_Stiegenhaus

 

Ich treffe Daniel, den Bauleiter, im Stiegenhaus.
Wir sind beide im selben Alter, und da ich auch in meinem Elektrikerarbeitsgewand war wurde das DU-Wort rasch eingeführt.
Wir gingen in den Innenhof der Liegenschaft.
Und was ich da sah erfreute mich sehr!

Die komplette Kabine samt Eisenteilen!
Es sind nämlich meist die technischen Teile welche meist gleich entsorgt werden.
Aber zum Glück wurde hier anders gearbeitet.

 

Wir haben das gute Stück gleich mit dem Kran aus dem Schacht gehoben.
Ganz vorsichtig, um nichts kaputt zu machen!
Währe ja schade drum!

 

Und da konnte ich ihm nur beipflichten.
Denn diese Liftkabine ist eine der schönsten die ich kenne.

 


Ein Fabrikat der Firma Th. d. Ester Bj: 1913.
Die Anlage wurde erst im Zuge einer Modernisierung des Hauses eingebaut.
Das Gebäude selbst stammt aus der Zeit um 1880.
Bis zum Jahr 2012 war die Anlage in Betrieb. 


 

Mit Handschlag war rasch eine Einigung gefunden.
Der Aufzug würde bald wieder abheben.

 

Eine Woche später…

Ragnar, Freund Clemens und Ich machten uns an die Arbeit alles für die Bergung vorzubereiten.

 

Die_Kabine_verpackt_im_Innenhof

Die_Kabine_verpackt_im_Innenhof

 

Alles war organisiert, der LKW für den Transport würde ich drei Stunden eintreffen.
Jeder packte seinen Bauhelm aus, und es ging auch schon ans Inspizieren des Gerätes.
Alle Fensterscheiben mussten für den Transport ausgebaut und sicher verpackt werden.
Kein leichtes Unterfangen wie Ragnar bald feststellen musste.

 

Ragnar_beim_Ausbau_der_Fenster

Ragnar_beim_Ausbau_der_Fenster

 

Die Holzleisten bei den Fenstern liessen sich nur sehr schwer abnehmen.
Scheibe für Scheibe wurde abgenommen und mit Baustellenfließ sicher verpackt und beschriftet.
Die Teilweise noch originalen geätzten Glasfenster sind nämlich unersetzbar und sehr empfindlich.
Nach dieser nervenaufreibenden Arbeit war das Demontieren von Sitzbank und Schiebetüre ein reines Vergnügen.

 

Verpacken_der_wertvollen_Fensterscheiben

Verpacken_der_wertvollen_Fensterscheiben

 

Alles war nun vorbereitet und wir konnten die Zeit bis zum Eintreffen von Goran, dem Mann mit dem LKW, eine Pause einlegen. 
Eine kleine Greisslerei gleich gegenüber versorgte uns mit heißen Leberkässemmeln.
Der klassischen Hackler Jause!

10 Minuten später vernahm ich auch schon das Geräusch eines reversierenden LKWs.
Es war Goran, der sich gerade einparkte. Und auch Roman, der uns im Team unterstützen sollte, war gekommen.
Die Flugshow konnte also beginnen.

 

Die_Kabine_wird_ausgepackt

Die_Kabine_wird_ausgepackt

 

Ein kurzer Anruf bei Daniel, unserem Bauleiter, und schon war auch der Kranfahrer zur Stelle.
Gemeinsam wurde die Kabine von ihrer schützenden Plane befreit, der Kran dort eingehängt wo sonst das Tragseil fixiert ist.
Und aufwärts dem Himmel entgegen schwebte die hölzerne Kabine gleich einem Heißluftballon über unsere Köpfe hinweg.
Der Fahrkorb wurde nun über das gut 35m hohe Gebäude drübergehoben.

 

Über_den_Dächern_der_Stadt

Über_den_Dächern_der_Stadt

 

Wieder auf der Straße beim LKW angekommen fesselte uns der Anblick.
Auch einige Passanten welche gerade vorbeikamen blieben stehen.
Ich bin mir sicher, auf einigen Social Media Plattformen gibt es Fotos davon.

 

Schaulustige_Passanten

Schaulustige_Passanten

 

Langsam schwebte die Kabine wieder hinab und landete durch das Fingerspitzengefühl des Kranführers sicher auf der Ladefläche.
Der einfach Teil war geschafft!
Aber die größte Herausforderung wartete noch auf uns.
Denn so wie der Aufzug nun stand konnte er nicht bleiben.
Wir mussten Ihn kippen um einen Transport durchzuführen.
4m ist die Obergrenze für Straßenfahrzeuge ohne Sondergenehmigung.

 

Sicher_landet_die Kabine_auf_unserem_LKW

Sicher_landet_die Kabine_auf_unserem_LKW

 

Es bereitete uns einiges Kopfzerbrechen, denn wir wollten ja auch nichts beschädigen.
Zum Glück ging alles gut, und während Goran alles sicher fixierte luden wir die restlichen Teile auf.

Mittlerweile war es schon dunkel geworden und nach einer Fahrt im gefühlten Schritttempo kamen wir wenig später in unserem  Zwischenlager an.
Das Abladen war nun ein Kinderspiel.
Mit dem LKW Ladekran wurde schnell und gut gearbeitet.

 

Abladen_im_Lager

Abladen_im_Lager

 

Voila! Da steht sie nun und wartet darauf eingesetzt zu werden!
Und für alle, die sich nun wundern, was das für ein Einsatz sein soll, sei gesagt:

Habt Ihr schon einmal daran gedacht einen Kaffee im Lift zu trinken?
Nein? Wir schon! Lass dich also überraschen.

 

LG

Christian und das ganze Team